12.05.2006
Stadt ohne Wiederkehr
Silent Hill - Willkommen in der Hölle
Silent Hill
Frankreich, Japan, USA, 2006.
Regie: Christophe Gans
"Endlich", fühle ich mich genötigt auszurufen, "die
erste gelungene Videospiele-Verfilmung ist im Kino!" Nach unterirdischen
Machwerken wie "Street Fighter" (De Souza, 1994) oder den üblen
Streifen von Uwe Boll (wie beispielsweise "House of the Dead" [2003]),
wurde es auch wirklich Zeit, dass das Medium des Video- oder Computerspiels
einen angemessenen Auftritt auf der Leinwand bekommt. Dabei sollte man doch
denken, dass der Schritt vom Spiel zum Film nicht allzu groß wäre,
aber anscheinend doch zu groß. Natürlich fällt in einem Film
jegliche Form von Interaktion weg, die Narration muß auf knapp zwei Stunden
gekürzt werden, und sowohl Kennern der Vorlage als auch Nichtspielern sollte
ein abwechslungsreiches und interessantes Filmerlebnis geboten werden.
"Silent Hill" hält sich eng am Plot des ersten Spiels der bisher vierteiligen Serie, und tauscht nur ein paar Charaktere mit unwesentlichen Veränderungen aus. Wie auch im Spiel setzt der durch Filme wie "Der Pakt der Wölfe" (2001) bekannt gewordene Regisseur Christophe Gans seinen Fokus auf eine starke Visualisierung der Geisterstadt Silent Hill. Glücklicher Weise übernimmt Gans weitestgehend die Designs und narrativen Strukturen der Vorlage, und kreiert keine an den Haaren herbeigezogenen Nebenschauplätze, wie es unter anderem bei "Resident Evil" (Anderson, 2002) der Fall war. Natürlich sind Kenner des Spiels im Vorteil, die sich so manche Geheimnisse dadurch leichter erschließen können. Dennoch entsteht keine 1:1 Kopie des Games, so dass auch Profispieler viel Vergnügen an dem Film haben können. Vergnügen ist allerdings kaum das richtige Wort, denn "Silent Hill" offeriert dem Zuschauer einen beklemmenden und verstörenden Trip durch finstere Seelenlandschaften, ein surrealistisches Inferno, durchsetzt von menschlichen Abgründen und Perversionen. Dementsprechend ist der Film mental recht anstrengend, schafft es allerdings gerade dadurch, dem Spiel gerecht zu werden. "Silent Hill" verzichtet nämlich größtenteils auf den üblichen, plumpen Dampfhammer- Splatter- Horror, sondern bedrängt den Zuschauer eher psychologisch-subtil. Die Hilflosigkeit der Charaktere ist allerortens spürbar, da sie in der Stadt Silent Hill zum Spielball dunkler Mächte werden und kaum noch eigenmächtig handeln können. Durch die gelungenen schauspielerischen Leistungen und die brillanten Effekte kann dieser Zustand auch auf den passiven Zuschauer übertragen werden, was im Endeffekt die Essenz dieses Filmes ausmacht. Somit bricht "Silent Hill" aus dem gängigen Horror-Klischee aus und schafft eine ganz eigene, kranke Atmosphäre.
Leider fanden auch einige logische und diverse Anschlußfehler ihren Weg
in dem Film, was aber nur den Penibelsten den Filmgenuß verderben dürfte.
Christophe Gans bedient sich auch bei einigen artverwandten Filmen, so kann
das Ende des Film eine gewisse Verbundenheit zu "Hellraiser" (Barker,
1987) kaum bestreiten. Manche Handlungen der Protagonisten sind zudem schwer
nachvollziehbar, das trägt meines Erachtens nach jedoch zur predeterminierten
Stimmung des Films bei.
Besonders gelungen ist die Auswahl der Filmmusik, welche einige ironische Seitenhiebe
wie "Ring of Fire" (von Johnny Cash) enthält, zum großen
Teil aber die kongeniale Musik von Akira Yamaoka aus den Spielen übernimmt.
Eine bessere Entscheidung hätte hier nicht getroffen werden können.
So ist "Silent Hill" zwar immer noch keine perfekte Verfilmung eines
Spiels, aber ein guter Schritt in die richtige Richtung. Der Film fesselt, verwirrt
und erstrahlt in einer visuellen Brillianz, mit der schon seit langer Zeit kein
Horrorfilm mehr aufwarten konnte. Und jetzt bitte ich Sie, mich zu entschuldigen,
denn ich muß den alten Playstation-Datenträger wieder hervorkramen...
Autor: © http://www.weltdermedien.de 2006