22.02.2006

Der Tod operiert ohne Grenzen

Lord of War - Händler des Todes
Lord of war

USA, 2005.
Regie: Andrew Niccol


Momentan geht es in den Lichspielhäusern erfreulich gesellschaftskritisch zu. Mit "Lord of War - Händler des Todes" läuft dieser Tage wieder ein erfrischend satirischer Film in den Kinos, der den Zuschauer nicht nur einmal zum Nachdenken anregen kann. Nicholas Cage (der mir in dieser Rolle erstmals recht gut gefällt) spielt einen aufstrebenden Waffenhändler, der allen internationalen Gesetzen zum Trotz Tötungsmaschinen an alle willigen Kunden verkauft, egal welcher Konfliktpartei sie angehören mögen. Er selber betrachtet sein Tun als einen völlig normalen Job, bei dem er nur menschliche Bedürfnisse befriedigt, denn schließlich betätigt der Händler nicht selber den Abzug der Waffe, die er verkauft...aber ist es tatsächlich so einfach?

Schon die brilliante Eröffnungsszene, die den Weg einer Kugel von ihrer Herstellung bis zum schlußendlichen Verwendungszweck abbildet, deutet den weiteren Verlauf von "Lord of War" an. Mit interessanter und intelligenter Kameraarbeit werden dem Zuschauer hier zutiefst rabenschwarze Bilder präsentiert. Auch wenn vieles im ersten Moment unterhaltsam wirkt, bleibt das Lachen doch schnell im Halse des Kinogängers stecken, denn das Dargebotene ist zu realistisch, zu bitter und zu traurig.

Der internationale Waffenhandel wird hier nicht aus der Sicht seiner Opfer, sondern aus dem Blickwinkel eines Täters betrachtet. Dies eröffnet einerseits interessante Perspektiven, ist andererseits auch recht gewagt, denn so wird ein äußerst zweifelhafter Charakter zu einer nicht gerade unsympathisch gezeichneten Identifikationsperson. Eine etwaige Bindung des Betrachters an das Schicksal des Waffenhändlers wird auch durch die Inszenierung des Films als eine Off-Screen-Narration durch den Protagonisten verstärkt, was einen kritischen Umgang mit dem Gezeigten zwingend erforderlich macht; Simpler Filmkonsum ist hier deutlich deplaziert. Die Exekutive steht dem Ganzen trotz intensiver Bemühungen machtlos gegenüber, denn, wie der Film resümiert, ist nicht zuletzt der Präsident der USA selber der größte Waffenhändler der Welt. Die politischen Verstrickungen sind somit weitreichend...

"Lord of War" ist ein durchaus überzeugendes Werk, welches zudem angeblich auf wahren Begebenheiten basiert. An vielen Stellen lässt der Film nur leider die notwendige Tiefe bei der Behandlung eines solch aktuellen Themas missen, und allzu oft werden Gedankengänge von plakativer Action überlagert und nicht weiter ausgeführt. Dennoch sind selbst die solcherart verkümmerten Denkanstöße dieser Satire lobenswert, so regen sie doch die Gedanken des Zuschauers über die komplexen Verwicklungen des globalen Waffenhandels an. Moral und Ethik sind eben nicht nur subjektiv, sondern sollten immer im Gesamtkontext einer Kette von Aktion und Reaktion betrachtet werden. Muss also der Waffenhändler auch Verantwortung für den Einsatz seines Handelsgutes übernehmen? Den Gedanken möchte ich gerne Ihnen überlassen...und Ihnen gleichzeitig diesen Film empfehlen, der erstens überzeugend gemacht ist und zweitens einige Augenöffner für den interessierten Betrachter bereithält.


Passend zum obigen Artikel ist hier der erstmals am 22.02.2006 auf Radio Tonkuhle (http://www.tonkuhle.de) ausgestrahlte Kinobeitrag von Christoph Münch als MP3 zu hören.

Autor: © http://www.weltdermedien.de 2006