03.10.2005

Denn weder leben, noch sterben die Menschen umsonst.

Krieg der Welten
War of the worlds
USA, 2005.
Regie: Steven Spielberg


Zugegeben, irgendwie hat mich dieser Film auf dem falschen Fuß erwischt. Ich gehe jede Woche für diese Seite und für die Kinoredaktion von Radio Tonkuhle ins Kino, und sehe dementsprechend oft die Vorschauen neuer Filme, so auch die von Steven Spielbergs neuestem Werk: "Krieg der Welten". Die Trailer ließen auf einen Science-Fiction-Action-Mix folgern, und führten mich so aufs Glatteis. Denn womit ich hier im Kino konfrontiert wurde, das hat wenig mit dem Erwarteten zu tun. Auch wenn Steven Spielberg in Interviews im Vorfeld behauptete, eine Studie über die Menschheit machen zu wollen, tat ich das als das übliche PR-Werbetrommel-Gerede ab, die erwähnten Trailer im Hinterkopf. Und als dann noch die Verleih des Films, UIP, ein Rezensionsverbot für die Presse bis zum offiziellen Kinostart aussprach, rundete sich mein Eindruck ab: Hier erwartet mich ein 08/15 SF-Action-Streifen. Hätte ich doch mehr auf Spielberg selber gehört...Denn "Krieg der Welten" ist faszinierend. Vielleicht nicht ganz so faszinierend, wie damals das Hörspiel von Orson Welles wirkte (zur Erinnerung: Als dieses ebenfalls auf der literarischen Vorlage von H. G. Wells beruhende Hörspiel in den 30er Jahren in Amerika im Radio übertragen wurde, nahmen es viele Hörer für bare Münze und dachten, die Erde werde von Außerirdischen angegriffen, worauf in New York eine Massenpanik ausbrach), aber unerwartet intensiv und fesselnd.

Denn tatsächlich ist es Steven Spielberg gelungen, die Außerirdischen in den Hintergrund treten zu lassen, und den Menschen selber ins Zentrum des Geschehens zu rücken. Die angreifenden Aliens und ihre mächtigen Kampfinstrumente dienen nur als Mittel zu Zweck, eine Studie über Menschen in existentiellen Nöten zu zeigen. Wenn alle Sicherheiten verloren gehen, alle Gesetze nichtig sind, und das eigene Leben bedroht ist, wie verhält sich also das prothesenhafte Tier Mensch, wenn es seiner Hilfsmittel beraubt wird? Der Film fokussiert eine kleine Familie, die sich auf der Flucht vor den außerirdischen Invasoren befindet. Tom Cruise, der den Vater spielt, präsentiert eine darstellerische Höchstleistung, und trägt den Film quasi im Alleingang. Zerrissenheit, Verwirrung, Angst. Menschen gegen Menschen. Chaos.

Spielberg treibt dies auf die Spitze, indem er alle sonstigen, typisch hollywood-esquen Mittel zurückschraubt, und so ein sehr persönliches Filmerlebnis ermöglicht. Die Musik wird sehr spärlich eingesetzt, und auch die Special-FX wirken mehr als Beiwerk, und nicht zentral wie zum Beispiel in Episode 3 (Lucas 2005). Dadurch, dass diese artifiziellen Instanzen wegfallen, bindet der Film den Zuschauer fest in die Handlung mit ein. Ich konnte regelrecht die Geisteszustände des von Tom Cruise gespielten Charakters nachfühlen, wie es selten der Fall ist. Der im Film vorherrschende, filmische Minimalismus kann vollends überzeugen, und bietet Spannung von Anfang bis zum Ende. Auch wenn letzteres schon weithin bekannt sein dürfte, schmälert die abrupte Auflösung des Geschehens nicht die Wirkung dieses Werkes.

Somit liefert Steven Spielberg mit diesem Film sein Statement zu aktuellen Geschehnissen in dieser Welt. Ob Terror oder Naturkatastrophen, hier wird viel Spielraum zu Interpretation des filmischen Textes geboten. Es wird eine Extremsituation par exellence heraufbeschworen, die mich wieder lange über das Sein des Menschen nachdenken ließ und lässt. Was passiert, wenn der Mensch seiner Hybris beraubt wird und mit ungeahnten Gefahren konfrontiert wird?

Dieser Film ist in meinen Augen wirklich empfehlenswert, und lohnt sich auch noch ein zweites oder drittes Mal.


Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005