03.10.2005
"Erhebt Euch als Ritter!"
Königreich der Himmel
Kingdom of heavens
USA, 2005.
Regie: Ridley Scott
Nun hat Orlando Bloom endlich eine eigene richtige Hauptrolle bekommen,
und diese sogar im neuen Film des berühmten Regisseurs Ridley Scott, der
der Welt schon Meisterwerke wie "Alien" (1979), "Blade Runner"
(1982) und "Thelma & Louise" (1991) schenkte. Am ähnlichsten
ist dieses neue Werk sicherlich seinem Millenniums-Film "Gladiator"
(2000). Denn wie auch dieser gehört "Königreich der Himmel"
am ehesten dem Genre des historischen Epos an. Erst kürzlich scheiterte
Oliver Stone mit seinem ähnlich gelagerten "Alexander" (2004)
an den Kinokassen, ob es Ridley Scott wohl besser ergeht?
Wir schreiben das Jahr 1184, und Jerusalem ist in der Hand der Kreuzritter.
Während in der Stadt die Christen das Sagen haben, ist dieses Zentrum der
Gläubigen jedoch von außen durch die Muslime umzingelt. Dementsprechend
befinden wir uns also am Vorabend des dritten Kreuzzuges (1189 bis 1192), und
somit kurz vor der Rückeroberung Jerusalems durch Saladin, der "die
arabische Welt zum Heiligen Krieg gegen die Christen mobilisiert" (Der
große Ploetz, 32. Auflage, S. 401), mit der dieser Spielfilm auch enden
wird. Festzustellen ist also, dass sich Ridley Scott bei der Herstellung dieses
Films größtenteils an die historischen Fakten hielt, was in unserem
Zeitalter der Dramatisierung äußerst begrüßenswert ist.
Die Situation von Jerusalem erzwingt eine entsprechende diplomatische Behutsamkeit,
denn die Kreuzritter möchten die Stadt natürlich halten, wissen aber
auch um die arabische Übermacht. Vorrangig christliche Hardliner stören
jedoch dieses fragile Konstrukt, denn sie setzen darauf, im Zeichen des Kreuzes
jedwede feindliche Armee besiegen zu können.
So entsteht ein filmischer Appell für die friedliche Koexistenz unterschiedlicher
Kulturen, ein Thema, welches gerade heute, in den Zeiten des EU -Beitritts durch
die Türkei oder den 9/11, für politische Brisanz sorgt. Dementsprechend
werden dem Hauptakteur Orlando Bloom auch recht moderne Aussagen zu eben diesem
Thema und natürlich auch zum dem Komplex der Religion in den Mund gelegt.
Dessen Aussagen klingen oftmals nach "Liberté, Fraternité,
Egalité", also nach den Maximen der französischen Revolution
von 1789. Daher lässt sich "Königreich der Himmel" auch
durchaus als Ridley Scotts persönliches politisches Statement lesen. Konsequenter
Weise lässt sich die Schuld an der schlussendlichen Eskalation des Krieges
ganz klar auf Seiten der Kreuzritter festmachen, und dies beschönigt Scott
auch keinster Weise. Ein Transfer dieses Zustandes auf gegenwärtige Ereignisse
liegt da nahe....
Neben diesen Elementen kommen auch die Genrekonventionen in diesem historischen
Epos nicht zu knapp, denn es gibt edle Helden, finstere Schurken, große
Schlachten, viele Abenteuer und eine gewaltige Menge Pathos. Hochkarätig
besetzt (unter anderem Orlando Bloom, Liam Neeson, Edward Norton und Jeremy
Irons) und gekonnt inszeniert, bietet "Königreich der Himmel"
durchaus spannende Unterhaltung, auch wenn der Kinozuschauer das historisch
feststehende Ende bereits kennt. Die Handlung allerdings weist etwa in der Mitte
des Films einen eigenartigen Bruch auf, der die Handlungen der Protagonisten
zeitweise nicht für den Zuschauer klar ersichtlich motiviert erscheinen
lässt. Schnell kann der Faden jedoch wieder aufgenommen werden, und die
Schlacht kann beginnen...
Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005