23.10.2005

Hommage, Kritik oder Persiflage?

Kiss Kiss, Bang Bang
USA, 2005.
Regie: Shane Black


"Im Kino geht es immer um Liebe und Gewalt, um Sex und Crime, um Kiss, Kiss und Bang, Bang." (Seesslen, Georg [1999]: Copland. Geschichte und Mythologie des Polizeifilms, S. 9)

Der neue Film mit Hollywoods Sorgenkind Robert Downey Jr. greift eben diese beiden Topoi auf und verwendet sie in einer Art Neo-Film-Noir-Komödie, also in einem der Gegenwart angepassten, klassischen Detektivfilm mit humoristischem Einschlag. Zugleich verspricht die bewußte Wahl des Titels "Kiss Kiss, Bang Bang" auch eine deutliche Meta-Ebene, und dieses Versprechen kann durchaus gehalten werden. Neben einer verzwickten und wendungsreichen Handlung enthält dieser Film viele ironische und makabre Seitenhiebe auf die schwarze Serie Hollywoods und die Welt des schönen Scheins insgesamt.
Die Charaktere sind in ihrer Zeichnung ebenso klassisch, wie sie stereotyp sind: Es gibt den Verlierertyp, der ungewollt in einen Kriminalfall hineinschlittert, und die undurchsichtige und unberechenbare Frau ist ebenso vorhanden wie ein finsterer Verbrecher im Hintergrund, der die Fäden zieht und alle Protagonisten gegeneinander auszuspielen versucht.

Ein Kleinganove (Downey) rutscht über eine angebliche Filmkarriere in Hollywood in ein dunkles Netz aus Mord, Kindesmißbrauch und Machtmißbrauch, aus dem er mit Hilfe eines homosexuellen Privatermittlers (Val Kilmer) und seiner Jugendliebe, einer unerfolgreichen Schauspielerin (Michelle Monaghan), wieder zu entkommen versucht. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn die Kriminellen schrecken vor nichts zurück...

Die Stimme des Hauptprotagonisten gibt aus dem Off die narrative Struktur vor und scheut sich dabei nicht, die Zuschauer auch persönlich anzusprechen und zum Beispiel aufzufordern, bei der Auflösung des Verbrechens selber mitzurätseln. Dies verringert die Distanz zu dem Geschehen auf der Leinwand erheblich und gibt dem Betrachter interessante Möglichkeiten zur Immersion. Die Inszenierung ist bezüglich der Kameraführung und des Schnitts größtenteils ruhig und beschaulich umgesetzt, was dem Film insbesondere im Aufbau von Spannungsbögen und im gezielten Einsatz von Wendepunkten sehr zu Gute kommt. Die beiden männlichen Hauptdarsteller Robert Downey Jr. und Val Kilmer bilden ein dynamisches Team, welches trotz aller anfänglichen Gegensätze ideal harmonieren kann und dem Film mit unterhaltsamen und gut getimten Wortgefechten Leben einhaucht. Auch die Action kommt dabei nicht zu kurz, denn viele traditionelle Elemente wie zum Beispiel Verfolgungsjagden und Schießereien sind in diesem Werk zu finden. Dazwischen gibt es zudem ein breites Spektrum an skurrilen Szenen, die von der Begegnung eines abgerissenen Fingers mit einem hungrigen Hund bis zum mißglückten Einsatz von russischem Roulette reichen und dem Film ein inszenatorisch abgerundetes Gesamtbild verschaffen.

Einerseits stellt "Kiss Kiss, Bang Bang" eine knallharte und persönliche Abrechung des Autors und Regisseurs Shane Black mit der amerikanischen Filmindustrie dar, welche er allerdings andererseits konstant mit einem Augenzwinkern versieht und dadurch entschärft. Er spielt offen mit vielen Klischees und psychologischen Thematiken wie der Verkommenheit Hollywoods, der dysfunktionalen Familie, männlichen Kastrationsängsten und nicht zuletzt auch der Homosexualität. Jedoch scheint Black Angst vor der eigenen Courage bekommen zu haben, so dass viele dieser Themen leider nur angeschnitten und oberflächlich abgehandelt werden. Etwas Mut zum Tiefgang wäre hier angemessen gewesen, denn vor allem der Kindesmißbrauch sollte meiner Meinung nach nicht auf einer solch simplen Ebene dargestellt werden, wie es hier geschieht. Am Ende bleibt also ein teils bitterböser, teils witziger moderner Detektivfilm, den es trotz seiner Inkonsequenz anzuschauen lohnt.

 

Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005