02.05.2006

Die Jugendherberge des Grauens

Hostel
USA, 2005.
Regie: Eli Roth


Der Regisseur Eli Roth ist bei Horrofans kein unbeschriebenes Blatt mehr. Schon sein meiner Ansicht nach eher lahmer "Meine kleine Zombie-Hütte im Wald" - Abklatsch "Cabin Fever" aus dem Jahre 2002 sorgte für einige Erfolge an den Kinokassen. Nun meldet er sich nach einem Kurzfilm wieder zurück auf den Leinwänden dieser Welt, und zwar mit "Hostel". Was wurde nicht schon alles über diesen Film gesagt und geschrieben... wie blutig er doch wäre, und dass er alles bisher gesehene in den Schatten stellen würde. Der Hype war groß, und dementsprechend niedrig meine Erwartungen, da sich Filme, die einer solchen PR bedürfen, zumeist als das genaue Gegenteil ihrer Darstellung in der Werbung entpuppen. Offenbar war es auch notwendig, Quentin Tarantino ein paar Dollar in die Tasche zu stecken, damit dieser seinen Namen für den Film hergibt. Nur um es direkt vorauszuschicken: "Hostel" ist sehr blutig, und zudem auch leider sehr menschenverachtend. Trotzdem bekommt der geschulte Horror-Fan nichts geboten, was nicht auch schon der verstorbene, italienische Splatter-Pionier Lucio Fulci visualisiert hätte (zum Beispiel in "Ein Zombie hing am Glockenseil" [1980], "Die Geisterstadt der Zombies" [1981] oder "Der New York Ripper" [1982]).

"Hostel" ist nach dem allbekannten Horror-Standart-Schema aufgebaut, er besteht also aus einer unblutigen Einführung, welche dann in den brutalen Mittelteil mündet, der wiederum mit einem actionreicheren Endteil beschließt.

Drei junge Männer, zwei Amerikaner und ein Isländer, sind auf einer Rucksack-Tour durch Europa. Jedoch sind die Jungs weniger an kulturellen Facetten der ‚alten Welt' interessiert, sondern mehr an deren weiblichen Bewohnerinnen. In Amsterdam bekommen sie einen heißen Tipp: Angeblich herrsche in der Slowakei ein hoher Überschuß an nicht abgeneigten Damen. Schnell steht die neue Route fest, und vor Ort angekommen erweisen sich die Informationen auch als zutreffend. Doch plötzlich wird der Traumurlaub zum Alptraum, als die drei Twens in die Fänge einer Gruppe von geldgierigen Sadisten geraten, die Menschen kidnappen und diese dann gegen Bezahlung als Folteropfer für kranke Individuen anbieten.

Zu Beginn des Films erschreckt die charakterliche Zeichnung der drei Touristen, die als unglaublich oberflächlich dargestellt werden. Drogen und Sex, weiter scheint ihr Horizont nicht zu reichen. Man könnte dies als Kritik von Eli Roth an seinen Mitamerikanern deuten, jedoch ist die Präsentation der Stadt Amsterdam nicht minder klischeehaft und seicht, so daß jegliche Gesellschaftskritik im Keime erstickt wird, und "Hostel" sehr dumpf und hohl wirkt. Nach kurzer Zeit lässt der Film dann die alberne Exposition hinter sich und beginnt, eine bedrohliche und paranoide Atmosphäre aufzubauen. Die Protagonisten sind in einer fremden und brutalen Umgebung gefangen, jeder vermeintliche Freund wird zur Bedrohung, selbst die staatliche Exekutive scheint mit den Sadisten an einem Strang zu ziehen. Diese Stimmung wird gegen Ende mit einem ansprechend gemachten Spannungsbogen verbunden und macht "Hostel" doch noch sehenswert. Schade nur, dass der Film gegen Ende eine Wendung hin zum typischen Happy End nimmt, und alle Möglichkeiten für eine psychologische Ausleuchtung der Vorgänge aus der Sicht seiner Opfer verschenkt. Zudem ist wie so oft das übertriebene Ausleben von Rache am Ende des Films nach dem alttestamentarischen ‚Auge um Auge' (oder hier vielmehr Finger um Finger) - Muster meiner Ansicht nach trotz allen Vorfällen zu barbarisch und deshalb unangemessen. Das Opfer wird selber zum Killer, und führt die an ihm begangenen Verbrechen weiter fort.

Gut gefallen hat mir die Arbeit des Kameramanns Milan Chadima, der es oftmals durch gelungene Bilder und Fahrten schafft, inszenatorische Schnitzer des Regisseurs auszugleichen. So bleibt schlußendlich ein durchschnittlicher Horror-Film, der streng nach den üblichen Konventionen des Genres arbeitet und somit keine großen Sprünge erwarten lassen kann. Fans sollten dem Film eine Chance geben, alle anderen besser nicht. Der Nachfolger wurde indes bereits angekündigt, und hoffentlich nutzt Eli Roth seine Chance auf einen anspruchsvolleren Film, denn gänzlich uninteressant ist die Thematik nicht. Nur das Fremdenverkehrsamt der Slowakei wird sich wohl kaum freuen...


Autor: © http://www.weltdermedien.de 2006