29.09.2005
Auf der Suche nach der Vergangenheit
Don't come knocking
Don't come knocking
Deutschland, Frankreich 2005.
Regie: Wim Wenders
Der in Düsseldorf geborene Wim Wenders ist einer der international bekanntesten
Regisseure aus deutschen Landen, zumindest zwei seiner Werke, "Der Himmel
über Berlin" (1987) und der oscarnominierte "Buena Vista Social
Club" (1999) sollten vielen Menschen noch ein Begriff sein. In der letzten
Zeit blieb Wenders allerdings der größere Erfolg versagt, so waren
unter anderem "The Million Dollar Hotel" (2000) und "Viel passiert
- Der BAP Film" (2002) eher umstrittene Veröffentlichungen.
Nun läuft mit "Don't come knocking" sein neuestes Epos in den
Kinos, und es scheint, dass sich Wenders wieder auf alte Tugenden besonnen hat.
Der Film ist ein amerikanisches Märchen, ein Anachronismus im Vergleich
zum aktuellen Mainstream. Aber mit genau diesem kann "Don't come knocking"
auch gar nicht in einen Topf geworfen werden, sondern bildet eher einen Gegenpol
zu den auf Hochglanz getrimmten, aber oftmals sinnentleerten Streifen Hollywoods.
Wenders präsentiert dem Zuschauer einen alternden Westerndarsteller, der
eines Tages aus den Zwängen seines durch Ausschweifungen geprägten
Lebens ausbricht und einfach auf dem Rücken eines Pferdes reitend ein Filmset
verlässt. Er konfrontiert seine Vergangenheit und kehrt zu seinem Geburtsort
zurück, wo er von einem Kind erfährt, welches er vor knapp dreißig
Jahren gezeugt haben soll. So beschließt er, seinen Sprössling aufzuspüren
und begibt sich auf die Suche nach der eigenen Identität, abseits von allen
hohlen Starallüren und Drogenexzessen.
Wim Wenders hat mit "Don't come knocking" eine langsam, aber nicht
langweilig inszenierte Hommage an die Menschlichkeit erschaffen. Denn es ist
ihm gelungen, einen natürlichen Zugang zu den Protagonisten zu entwickeln,
der geprägt ist von emotionaler Zerrissenheit, Ungewissheit und Träumen.
Es gibt Gefühle, aber keinen Kitsch, geprägt von vielen Metaphern
und starken Bildern. Alleine das westernähnliche Setting in den Wüstenstaaten
Amerikas zeigt eine deutliche Abkehr vom aktuellen Filmgeschäft, welches
allerdings den idealen Hintergrund für diesen Road-Movie bietet. Und gerade
diese Nonkonformität erschafft einen narrativen Raum, der exzellent durch
die mannigfaltigen Eigenarten der Charaktere ausgefüllt wird, die mitunter
schon fast archetypische Präsentationen erfahren. Der eigentlich lebensunfähige
Filmstar, die resolute und patente Mutter, der verkommen-exzessiv lebende Sohn,
ein bürokratisch-lebensverachtender Versicherungsangestellter...Wim Wenders
spielt mit extremen Charakterzügen, die allerdings vor allem eins bleiben:
menschlich und glaubwürdig.
Die Darsteller, allen voran Sam Shepard und Jessica Lange, agieren einfühlsam
und können so eine tiefe Immersion des Zuschauers in das Geschehen auf
der Leinwand erwirken. Kritisieren möchte ich lediglich das Ende des Films,
denn die Auflösung geschieht zu plötzlich, zu ruckartig, und scheint
nicht so recht zum allgemeinen, fließenden Verlauf zu passen. Dies trübte
meinen Filmgenuss ein wenig, macht "Don't come knocking" allerdings
nicht minder sehenswert.
Dieser Film ist eine Ansage gegen die Oberflächlichkeit der Welt des schönen
Scheins, ein nachdenkliches und doch harmonisches Erlebnis. Denn, wie es Sarah
Polley in diesem Film darlegt: das interessanteste Filmgenre ist und bleibt
der Mensch.
Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005